Matilde

Die Kirche Sant'Antonino

Das religiöse Gebäude steht isoliert an der Straße, die zum Schloss Canossa führt. Es liegt am Fuße der Hügel des Monte Vetro und des Bianello. Diese ersten beiden östlichen Berge der Quattro Colli gaben der Ortschaft Quattro Castella ihren Namen. Im Mittelalter stellten sie ein wichtiges Verteidigungssystem dar, das zum Schutz des Apenninen-Hinterlandes und der Bergpässe zur Toskana errichtet wurde. Das heutige Erscheinungsbild der Kirche ist das Ergebnis von zahlreichen Baumaßnahmen wie Abriss und Neuerrichtung, die im Laufe der Jahrhunderte durchgeführt wurden und den ursprünglichen Gebäudekorpus ganz wesentlich verändert haben. In der heutigen Zeit ist das Gebäude liturgisch ausgerichtet, das heißt die Fassade steht in Richtung Westen und die Apsis in Richtung Osten: Dieser Umstand bestätigt das Alter der architektonischen Anlage, das außerdem auch von zahlreichen Stücken romanischer Bildhauerei belegt wird. Diese sind auch heute noch in die Fassade eingebunden und auf der Südseite des Gebäudes zu sehen.

Das lässt vermuten, dass die ursprüngliche Anlage entweder in der Zeit nach dem Mittelalter verändert wurde oder aber dass die ursprüngliche religiöse Konstruktion sich an einem anderen Ort befunden hat. Von dort aus könnte das heutige Gebäude in einer nicht genau zu bestimmenden Zeit versetzt worden sein, wobei ein Teil der alten Baumaterialien wiederverwendet wurde. Zu den bedeutendsten Stücken der reichhaltigen Ausstattung an romanischen Skulpturen, die auch heute noch auf den Außenmauern des heutigen Gebäudes zu sehen sind, gehört eine Lünette mit der mythologischen Darstellung des die Schlangen erwürgenden Herkules, neuinterpretiert in christlicher Weise als Bild von Jesus, der das Böse auf der Erde bekämpft. Darüber hinaus sind zahlreiche Friese an Architraven und senkrechten Balken zu sehen, die alle im romanischen Stil gehalten sind und pflanzlich inspirierte Geflechte darstellen. Zu diesem beachtlichen Skulpturenvermögen kommt noch eine nicht weniger reichhaltige künstlerische Ausstattung hinzu, die im Inneren des religiösen Gebäudes aufbewahrt wird: Von besonderer Bedeutung ist im Presbyterium der Altar mit einem Thron aus Nussholz, der Francesco Domenico Ceccati zugeschrieben wird. Hinzu gesellt sich eine interessante Gemäldegalerie, die auf das 18. Jahrhundert zurückgeht. Besonders ragt hier auf dem Hauptaltar das Gemälde heraus, welches das Martyrium des Sant’Antonino darstellt und von einem unbekannten Künstler stammt. Das heutige Erscheinungsbild des Gebäudes geht auf die Restaurierungen zurück, die von dem Prior Don Alfonso Canossa in den Jahren von 1701 bis 1716 durchgeführt wurden. Als das Kirchenschiff um neun Meter verlängert wurde, wurden die Altare San Pietro und San Luigi hinzugefügt und die heutige Fassade errichtet, die leider unvollendet blieb.

Die Kirche von Sant’Antonino stellt einen Ausgangspunkt in einem ausgeklügelten System an Wanderwegen von großem touristischen und landschaftlichen Interesse dar, die in den Park der  Colli di Quattro Castella führen. Es gibt Abzweigungen zum nahe gelegenen Schloss Bianello, dessen Zugangsstraße nur ein paar Dutzende Meter westlich der Kirche beginnt. Um das Herz des Parks zu erreichen, muss man jedoch über ca. 200 Meter die befahrbare Straße nach Bergonzano hinaufgehen, bis man zu dem Weg kommt, der auf den Hügel Montevetro führt und von dort aus nach Westen in Richtung Bianello und die anderen Hügel weitergeht, um dann in den Ort Monticelli hinabzuführen. Um dagegen den Weg nach Canossa zu finden, muss man in Monticelli den weiß-roten Schildern für den Provinzweg der Due Ducati folgen, der sich durch das zauberhafte Tal des Rio Moja schlängelt. Von hier aus kann man durch das hügelige Hinterland in ca. drei Stunden die historische Burg von Canossa erreichen. Auf der Straße nach Canossa begegnet man der historischen Kirche der Madonna della Battaglia. Sie steht an dem Ort, an dem nach der Überlieferung die berühmte Nebelschlacht zwischen den Truppen der Mathilde von Canossa und denen des Kaisers Heinrich IV. stattfand. Bei dem Versuch, im Oktober des Jahres 1092 einen Überraschungsangriff auf das Schloss Canossa zu starten, wurden die Truppen schon von einer Vorhut besiegt, die von der Gräfin ausgesandt wurde, um ihnen den Weg zu versperren. Die ersten Mitteilungen über das heutige Gebäude gehen auf das Jahr 1528 zurück, als in der Region um Reggio herum Stimmen laut wurden, dass sich hier eine Madonna mit wundersamen Kräften befinden würde. Das durch einen Brand zerstörte Gebäude wurde dann im Jahr 1724 wieder aufgebaut. Und bis vor ein paar Jahrzehnten noch fand aus Anlass des ersten Maisonntags und des achten Tags eine Pilgerfahrt statt, die an der Kirche des Sant’Antonino begann.